Montag, 30. Juli 2012

Hintergründe zur Geschichte des Chassidismus

B"H

Obwohl der berühmte Baal Shem Tov (1698 – 1670) als der eigentliche Gründer des chassidischen Movements betrachtet wird, so gab es dennoch diverse chassidische Grundkonzepte bereits zu Zeiten der Tempel in Jerusalem. Und ich wage einmal zu behaupten, dass selbst unsere Vorväter sich der Ideologien der Kavanot (Konzentration im Gebet), der Spiritualität sowie der Suche nach der Nähe zu G – tt mehr als bewusst waren. Die eigentliche Idee der chassidischen Lehre war also nicht neu, sondern vor langer Zeit in Vergessenheit geraten. Was der Baal Shem Tov viele Jahre später tat war, die ursprünglichen Ideologien und Konzepte wieder aufleben zu lassen.

In der Zeit des 16.,17. und 18. Jahrhunderts bestand die Mehrheit des osteuropäischen Judentums aus einfachen Leuten und nicht aus rabbinischen Gelehrten. Man war orthodox, da es halt so üblich war, hielt die jüdischen Feiertage und aß koscher. Höhere jüdische Studien in Thora, Halacha und Talmud aber, dass war die Sache einiger weniger Rabbiner und nicht die der breiten Masse. So geschah es, dass eben diese breite Masse mit den grundlegenden Prinzipien des Judentums kaum mehr etwas anfangen konnte. Man betete, weil es halt so Vorschrift war. Die damalige Rabbinerschaft wiederum sah höhere jüdische Studien als außerordentlich intellektuell an.

Plötzlich kommt Mitte des 18. Jahrhunderts der Baal Shem Tov daher und lehrt, dass jeder Jude eine persönliche Verbindung zu G – tt aufbauen kann. Es bedarf keiner hohen intellektuellen Studien, sondern wichtig sind die Absicht sowie die Gefühle. Was nützt es, wenn man im jüdischen Sinne noch so gelehrt ist, aber ohne jegliches Gefühlt betet ? Wobei niemand behauptet, dass ein Jude auf die Studien verzichten und nur noch per Gefühl handeln sollte. Ganz im Gegenteil. Studien und Emotionen müssen zusammenfliessen. Wie gerne behauptet, verzichtete der Baal Shem nicht auf höhere Studien und lehnte Halachot sowie das Talmudstudium keineswegs ab. 


 Unterschrift des BESHT (Baal Shem Tov)


Die erste Generation der Chassidim bestand, wie erwartet, aus der direkten Anhängerschaft des Baal Shem Tov. Allmählch bereitete sich die neue Bewegung über ganz Osteuropa aus. Weissrussland hatte seinen Rabbi Shneur Zalman von Liadi (der Alter Rebbe des späteren Lubawitscher Movements). Poland hatte seinen Rabbi Elimelech von Lizhansk und den Seher (Chozeh) von Lublin.



Aus der Baal Shem Tov Ausstellung der National Jewish Library in Jerusalem

Photo: Miriam Woelke

Von Lublin hin zum Chozeh über das Przysucha Movement – jede chassidische Gemeinde führte ihren eigenen individuellen Lebensstil. Ideologien, spirituelle Pfade und die eigene Identität waren nicht immer dieselben, sondern von Ort zu Ort unterschiedlich. Der Rabbi Shneur Zalman, zum Beispiel, liess seine eigenen Interpretationen in die Lehren des Maggid von Mezritch (seinem einstigen Lehrer) mit einfliessen. Oder wer sich in der chassidischen Geschichte etwas auskennt, der weiss um den Zwist zwischen Lublin und Rabbi Simcha Bunim. Einem Thema, auf welches ich hier im Blog noch sehr häufig zu sprechen komme.

Wer heutzutage auf die immense Anzahl chassidischer Schriften schaut, der kann leicht den Überblick und vor allem die Lust verlieren. Die chassidische Literatur füllt meter oder kilometerweise Bücherregale und durch das muss man sich erst einmal durchgraben, um sich einen winzigen Einblick zu verschaffen. Dennoch lernt man die chassidische Gesellschaft und deren Hintergrund lediglich durch ihre Literatur kennen.

Bis heute sind die meisten chassidischen Gruppen stolz darauf, auf ihre direkte Linie zum Baal Shem Tov zu verweisen. Man schaue hierbei nur auf Rabbi Nachum von Chernobyl (und die heutige chassidische Gruppe Chernobyl mit ihrem Rebben in Bnei Brak), auf Rabbi Yaakov Yosef, den Maggid von Mezritch oder auf Rabbi Pinchas von Koretz. Nur ganz wenige Gruppen besitzen keine direkte Linie zum Baal Shem Tov wie, z.B., die Toldot Aharon. 
Nichtsdestotrotz haben sämtliche chassidischen Gruppe so einiges gemeinsam: Und zwar berufen sich alle auf die Lehren des Baal Shem Tov. Weiterhin folgen alle von ihnen dem Konzept des ZADDIK (Gerechten). Manche mehr, manche weniger. 

Wie einige Leser vielleicht wissen, waren es insbesondere Rabbi Elimelech von Lizhansk sowie sein einstiger Schüler, der Seher von Lublin, welche das Zaddik – Konzept viel weiter ausbauten als es der Baal Shem Tov jemals tat. Rabbi Simcha Bunim von Przysucha dagegen definierte die Aufgabe den Zaddik au seiner wesentlich anderen Betrachtungsweise heraus.

Thora und Gebete ohne Wirkung

B"H 

Es ergab sich einmal, dass der Baal Shem Tov am Eingang einer Beit Midrasch (einem jüdischen Lehrhaus) stand und hineingebeten wurde. Allerdings weigerte sich der Baal Shem Tov hineinzugehen. 

"Warum denn ?" so fragten die örtlichen Juden nach dem Grund. 

"Weil die Beit Midrasch so voller Thora und Gebete ist, dass ich nicht mehr hineinpasse", so der Baal Shem Tov. 

Daraufhin verstanden die Juden den Grund für die Weigerung des chassidischen Meisters. Wer Thora lernt und betet, der muss dies mit einem gewissen Grad an KAVANAH (Konzentration) tun. Nur einfach so eben mal lernen bzw. ein Gebet herunterleiern, schickt sich für einen Juden nicht. Beides muss von Herzen kommen und mit der entsprechenden Konzentration gegenüber G – tt ausgeführt werden. Nur so steigen die Gebete auch zu Ihm auf. 

In dem Fall der besagten Beit Midrasch war dies nicht der Fall und weder die Gebete noch die Thorastudien stiegen zu G – tt hinauf, da sie nicht mit der erforderlichen Ernsthaftigkeit ausgeführt worden waren.