Freitag, 30. Mai 2008

Die Frum Girls

B"H

Manchmal geschieht es, dass ein Bus neben mir an einer roten Ampel hält. Ein Schulbus voll mit haredischen (ultra – orthod.) Beit Yaakov Girls (litvische sowie chassidische Schülergruppen). Ein jeder kann mit Leichtigkeit die frommen Beit Yaakov – Schülerinnen schon von Weitem erkennen. Ihre einheitliche Schuluniform besteht aus einem dunkelblauen Rock und einer hellblauen Bluse.

Beit Yaakov – Schulen sind haredische Mädchenschulen für litvische aber auch chassidische Mädels. Jede Richtung hat ihr eigenes Beit Yaakov. Jedoch gehen nicht alle chassidischen Schülerinnen auf das Beit Yaakov, sondern in ihre hauseigenen Schulen. Beit Yaakov wird mit der Agudat Israel identifiziert, welche die Knesset – Partei "Yahadut HaTorah" stellen und Gruppen wie Belz, Gur, Vishnitz sowie die litvischen Juden enthalten.

Extreme chassidische Gruppen lehnen das Beit Yaakov – System grundsätzlich ab, da es als zu modern gilt. Außerdem findet der Unterricht in hebräischer Sprache statt, wohingegen andere chassidische Gruppen ihre Schüler ausschließlich in jiddischer Sprache unterrichten. Der männliche Gegenpart zum Beit Yaakov heißt "Talmud Torah".

Zu der Zeit als ich noch in haredischen Stadtteilen wohnte, befragte ich meine Nachbarn nach der Beit Yaakov – Schule. Die Antwort hängt immer davon ab, wen man fragt. Die litvischen haredischen Juden geben andere Antworten als, zum Beispiel, die Chassidim. Grundsätzlich aber besteht für jede Beit Yaakov – Schülerin die Pflicht, in anständiger Kleidung im Klassenraum zu erscheinen. Eine Nachbarin berichtete mir, dass ihre Tochter einmal von der Lehrerin heimgeschickt worden war, weil sie Turnschuhe trug. Turnschuhe sind ausschließlich für den Sportunterricht gedacht und stellen ansonsten keine regulären Straßenschuhe dar. Des Weiteren ist es den Schülerinnen untersagt, ihre eventuell langen offen zu tragen. Stattdessen müssen die Haare aus Anstandsgründen zu einem Zopf zusammengebunden sein, um keine negativen Gefühle bei der männlichen Lehrerschaft hervorzurufen. Falls es überhaupt eine männliche Lehrerschaft gibt, denn auf den Beit Yaakov – Schulen unterrichten fast nur Lehrerinnen.

Wenn ich sie alle zusammen im Schulbus sitzen sehe, ist fast jede von ihnen emsig mit dem Beten beschäftigt. Ob das nun aus dem Sidur (Gebetbuch) ist oder den Tehillim (Psalmen). Zumindest in Bussen, welche längere Strecken fahren.

Ich erinnere mich noch, wie ich einmal mit meiner Yeshiva (relig. Schule) auf einen Ausflug ans Tote Meer fuhr. Eigentlich war uns das Schwimmen aus Anstandsgründen allen untersagt, doch rannten einige Mädels sofort in Richtung Strand und rissen sich unterwegs die halbe Kleidung vom Leibe. Kurz darauf hielt ein Schulbus mit Beit Yaakov Girls, welche selbstverständlich nicht ins Wasser hopsten, sondern mit ihren Sidurim (Gebetbüchern) brav in eine bestimmte Ecke gingen und sofort mit dem Abendgebet Maariv begannen. Etwas beschämt schauten wir auf die Mädels, denn uns war klar, dass auch wir in der Ecke beim Gebet hätten stehen müssen. Doch schnell versuchte jede von uns diese Gedanken der Schuld zu verdrängen.

Dieser Vorfall fand vor mehr als elf Jahren statt, aber er verfolgt mich bis heute. Sobald ich einen Schulbus mit betenden Beit Yaakov – Schülerinnen sehe, fühle ich mich schuldig, weil ich nicht auch betend dasitze. Und immer noch dränge ich das Schuldgefühlt beiseite. Wenigstens ein bißchen …….

Mittwoch, 28. Mai 2008

Neue Poster - Alter Bann

B"H

Die neuesten Mitteilungsposter (Pakshivilim) an den Häuserwänden von Mea Shearim rufen nach einem erneuten Bann (Cherem) gegen das staatl. Busunternehmen EGGED sowie den Schefa - Markt der Dor - Alon Gruppe.

Ich berichtete darüber schon zuvor:

http://chassidicstories.blogspot.com/2008/05/macht-tatschlich-jeder-mit.html

Hier werden Egged - Busse anstatt mit Rädern mit einer Walze dargestellt, welche über die Haredim hinwegrollen.
Egged hält keinen Schabbat und daher sollen die Haredim keine Busse mehr benutzen. Der Bann wurde von der antizionistischen Dachorganisation "Edah HaCharedit" ausgesprochen.





Auf diesem Poster wird zum Bann gegen Egged sowie den Schefa - Markt aufgerufen. "Auch ich habe aufgehört mit Egged nach Meron (siehe Lag Ba'Omer) zu fahren und beim Schefa - Markt einzukaufen".

Einblicke in die Chassidut Satmar




B"H

In Deutschland kennt man sie fast gar nicht, in Antwerpen oder London dagegen mehr: die Chassidut Satmar.

Heutzutage stellen die Satmarer weltweit die größte chassidische Gruppe mit ca. 150.000 Mitgliedern. Und das, obwohl Chabad (die Lubawitscher) gerne von sich behaupten, die Größten zu sein; dennoch sind bei Satmar die Zahlenangaben wesentlich präziser, da sich nicht jeder einfach so Satmar nennen kann, sondern erst ein strenges Aufnahmeverfahren durchlaufen muß.

Die Chassidut Satmar (aus dem rumänischen Ort Satu Mare) ist ein sehr weit gefächertes Thema und läßt sich nie ganz in einem einzigen Artikel erklären. Aufgrunddessen möchte ich die Sache langsam angehen und mit dem Buch "Satmar - Two Generations of an Urban Island" von Israel Rubin beginnen. Der amerikanische Autor Israel Rubin ist kein Mitglied bei Satmar, doch befaßt sich seit vielen Jahren mit der Gruppe. Anfang der 70iger Jahre erschien die Buchausgabe zum ersten Mal und im Jahre 1997 gab er einen Chidush, eine überarbeitete Ausgabe, heraus. Allerdings hat sich seit 1997 wieder sehr viel geändert und in unserer Zeit ist die Chassidut Satmar in zwei Hälften gespalten. Aber dazu etwas später.

Wer den Namen "Satmar" schon hört, der denkt automatisch, dass es sich da um fanatische chassidische Spinner handelt. Geradezu militärisch antizionistisch und weltfremd. Durchgeknallt halt. Genau das ist das weitverbreitete Image der Satmarer Chassidim. Meistens jedoch spiegelt das Image nicht immer die Realität wieder, aber Satmar legt nach außen hin keinen Wert auf Imageverbesserung oder Erklärungen für ihr Handeln. Viele Vorurteile entstehen immer durch einen Mangel an Wissen. Man kennt keine Details, doch hört hier oder dort etwas oder liest halt einige Dinge in der Zeitung. Das Thema "Satmar" aber ist sehr komplex und wer sich eingehend damit beschäftigt, der trifft auf Tausende von Infos, die es ersteinmal gilt, auszuwerten.

Gründer der Gruppe war Rebbe Yoel (Yoelisch) Teitelbaum. Sein Name ist unsagbar mit Satmar verbunden und gerade er ist nicht mehr wegzudenken. Satmar, das ist Rebbe Yoelisch. Zu Lebzeiten stand er im Ruf, eine absolut unzugängliche Person zu sein. Der Autor Israel Rubin weiß Gegenteiliges zu berichten, denn man mußte nur wissen, wo genau man Rebbe Yoel Teitelbaum antreffen konnte und dann war er sehr wohl für jederman zugänglich.


Rebbe Yoel Teitelbaum

Einen grundsätzlichen Fehler, den die Mehrheit der Außenstehenden immer wieder macht, ist, die Chassidut Satmar gleichzusetzen mit der Neturei Karta. Ich kann nur immer wieder wiederholen, dass beide Gruppen vollkommen unanhängig voneinander fungieren. Obwohl Satmar die Neturei Karta sowie andere chassidische antizionistische Gruppen (z.B. Toldot Aharon) finanziell unterstützt.

Satmar hat eine verhältnismäßig junge Geschichte, denn Rebbe Yoel Teitelbaum gründete die Gruppe erst in den Jahren 1904 – 1905. Der bekannteste Vorfahre von Rebbe Yoel war der "Yismach Moshe – Rabbi Moshe Teitelbaum von Ujhel (1759 – 1841)". Und durch diesen Vorfahren besitzt Rebbe Yoelisch eine direkte Verbindung zum Baal Shem Tov (ca. 1700 – 1760), denn der "Yismach Moshe" war ein Schüler des "Chozeh von Lublin – des Sehers von Lublin (1745 – 1815)". Allerdings gründete der "Yismach Moshe" niemals seine eigene chassidische Gruppe, sondern war lediglich ein Ahne Rabbi Yoel Teitelbaums. Letzterer wurde am 18 Tevet 1887 in Sighet (heute Rumänien) geboren. Im Jahre 1904, im Alter von 17 Jahren, heiratete er Chava, die Tochter des Rebben von Plantscheh (Rabbi Avraham Chaim Horovitz) aus dem Hause Horovitz. Diese chassidische Dynastie war befreundet mit dem Hause Teitelbaum sowie Halberstam. Kurz nach der Hochzeit verstarb der Vater von Rebbe Yoelisch und sein älterer Bruder, Rabbi Chaim Hirsch (Zvi) Teitelbaum, übernahm das Rabbineramt in Sighet. Rebbe Yoel war nicht gerade sehr erbaut darüber, dass sein Bruder die Rabbinerposition seines Vaters übernahm und zog aufgrunddessen nach Satmar (damals Ungarn, heute Rumänien). Im Alter von 24 Jahren war Rebbe Yoelisch das Gegenteil von seinem reservierten, ruhigen, organisierten und taktvollem Bruder Rabbi Chaim Hirsch. Die Juden in Sighet sahen gerade deswegen in Rebbe Chaim Hirsch den besseren Nachfolger und dessen jüngerer Bruder Rebbe Yoel kämpfte viele Jahre lang für seine Anerkennung in Sighet.

Zu den damaligen Zeiten gehörte die Region noch zu Ungarn und als das ungarische zionistisch – relig. Mizrachi – Movement begann, wurde es heftig von Rebbe Yoel Teitelbaum attackiert. Laut Rebbe Yoel war der Zionismus noch gefährlicher, sobald er in der "Verkleidung" der jüdischen Religion auftrat. Wer religiös ist, der könne auf keinen Fall Zionist sein.

Trotz ihres militanten Charakters und Attacken gegen die "Zionistenclubs" war Rebbe Yoels Gruppe im Jahre 1926 relativ bedeutungslos, da sie der großen Konkurrenz aus Sighet und Munkatch nichts entgegenzusetzen hatten.

Völlig unerwartet verstarb Rabbi Chaim Hirsch im Jahre 1926 und dessen Sohn war erst 14 Jahre alt. Deswegen sah Rabbi Yoel Teitelbaum nun seine Chance gekommen, Rabbiner in Sighet zu werden. Daraus wurde jedoch wieder nichts, denn interne politische Prioritätensetzungen verhinderten dies. Vier Jahre später heiratete der Sohn des Rabbi Chaim Hirsch, Rabbi Zalman Leib Teitelbaum, und wurde gleichzeitig neuer Rebbe von Sighet. Eine Position, die er bis zum Jahre 1944 innehielt. Rabbi Zalman Leib erwies sich als etwas zu jung und unerfahren und so begannen viele Chassidim aus Sighet zu seinem Onkel Rebbe Yoel Teitelbaum zu reisen. Nach einigen Rabbipositionen hier und da kehrte Rebbe Yoel im Jahre 1934 nach Satmar zurück, wo er bis 1944 blieb.

Von Mai 1944 – Ende 1945 fand das jüdische Leben in Ungarn nur noch in Budapest statt. Im ländlichen Bereich hingegen hatten die Nazis jegliches jüdisches Leben ausgelöscht. Rebbe Yoel Teitelbaum entkam den Nazis; ironischerweise retteten ihn ausgerechnet die Zionisten. Und so entkam er mit dem legendären "Kastner – Transport" in die Schweiz; einem Zug, der für 1700 Juden die Freiheit bedeutete, da Rudolf Kastner ein Abkommen mit Adolf Eichmann ausgehandelt hatte. Die 450.000 verbliebenen ungarischen Juden endeten dagegen in den Gaskammern von Auschwitz. Am 7. Dezember 1944 (21 Kislev) erreichte Rebbe Yoel Teitelbaum die schweizer Grenze. Ein Tag, der bis heute in der Chassidut Satmar gefeiert wird.

Nach einem kurzen Aufenthalt in der Schweiz zog Rebbe Yoel Teitelbaum nach Jerusalem, wo er bis zum Jahre 1946 residierte. Danach zog es ihn nach Brooklyn / New York. Dort rief er im Jahre 1948 mit einer handvoll Leuten die Gemeinde "Yeter Lev D'Satmar" im New Yorker Stadtteil Williamsburgh ins Leben. Die Gemeinde wuchs stetig an und umfasste im Jahre 1961 schon 860 Haushalte. 90% davon entstammten nicht dem ursprünglichem Satmar oder Sighet, sondern kamen aus anderen Orten. Heutzutage gibt es ein spezielles Aufnahmekommittee bei Satmar, welches über die Aufnahme eines Bewerbers abstimmt.

Im Jahre 1968 erlitt Rebbe Yoelisch einen Schlaganfall, der ihn teilweise lähmte. Obwohl er sich wieder einigermassen erholte, war er gezwungen, seine Aktivitäten auf ein Minimum zu beschränken. Im August (Av) 1979 verstarb Rebbe Yoel Teitelbaum im Alter von 92 Jahren. Rebbe Yoel Teitelbaum war zweimal verheiratet gewesen (seine erste Frau, Chava, verstarb im Jahre 1936). Mit seiner ersten Frau hatte er drei Töchter, die jedoch allesamt jung verstarben. Ein Jahr nach ihrem Tod heiratete er Alte Feiga, die Tochter des Rabbi Avigdor Schapiro. Allein die Person Feiga Teitelbaum ist einen eigenen Artikel wert, aber dazu später einmal.

Nach dem Tode des Rebben gab es keinen männlichen Erben, da Rebbe Yoelisch niemals einen Sohn hatte. Sein Neffe, der Sigheter Rebbe, Rabbi Moshe Teitelbaum übernahm das Amt des Satmarer Rebben.


Rebbe Moshe Teitelbaum beim Tanz auf einer Hochzeit

Eine kleine Gruppe innerhalb Satmars erkannte ihn nicht als Rebben an und folgte stattdessen der zweiten Frau Rebbe Yoelischs, Alte Feiga Teitelbaum (geborene Schapiro). Sie wiederum war eine höchst charismatische Persönlichkeit und nicht wenige Chassidim sahen ausgerechnet sie als Frau als die wahre Nachfolgerin auf dem Thron des Rebben. Über den offiziellen Nachfolger, Rebbe Moshe Teitelbaum, gab es heftige Kontroversen. So hatte dieser seine eigene Sigheter Gemeinde, von der Satmar kein Teil war. Des Weiteren hatte ihn sein Onkel Rebbe Yoelisch niemals öffentlich zum Nachfolger ernannt und ein Testament wurde ebenso wenig gefunden.

Das große Konzept der Chassidut Satmar lautet "Chesed – Wohltätigkeit". Außerdem soll der relig. Glaube einfach und ohne jegliche Intellektualität gehalten werden. Wahre Anhänger verspüren keinen Bedarf nach analytischen Diskussionen. Die Satmarer Chassidim achten nicht zu sehr auf die Geschichte, sondern schauen in die Zukunft – auf die Ankunft des Meschiach. Und als Antizionisten glauben auch sie an die drei Eide verankert im Talmud Traktat Ketubot 111. Aufgrunddessen betrachten sie den Holocaust als eine einzige G – ttesstrafe für den Zionismus.

Um Rebbe Yoel Teitelbaum wird bis heute auf geradezu fanatischer Personenkult betrieben. So heißt es, dass es sich bei ihm um einen "Heiligen" gehandelt hat. Bei Satmar entscheidet einzig und allein der Rebbe und niemand anderes. Und das selbst in persönlichen Angelegenheiten, denn die Chassidim wissen keine Entscheidungen zu fallen. Genau auf diese Art und Weise verhinderte Rebbe Yoelisch einst die Assimilation in die amerikanische Gesellschaft.

Die Chassidut Satmar ist eine elitäre Gruppe, unterteilt in Gesellschaftsschichten. Da sind zu allererst einmal die "Scheyneh Yidden" – die angesehenste Geselschaftsschicht: Schochtim (Schächter), Rabbiner, Nachfahren von Rabbinern, Sofrim (Thoraschreiber), Geschäftsleute, überragende Gelehrte genauso wie militante Antizionisten.

Aber wie oben beschrieben, die absolute Authorität hält der Rebbe inne, welches offiziell in Artikel 8 der internen Gesetze Takanot in jiddischer Sprache festgelegt ist:

"Seine verehrte Heiligkeit, unser Lehrer und Meister, der Gelehrte und Heilige Rebbe Yoel Teitelbaum – möge er ein langes Leben leben, Amen ! – ist unser Rabbi and möge er dies für viele Jahre bleiben. Niemand darf ihn ohne seine Zustimmung ersetzen. Er ist die alleinige Authorität in allen spirituellen Angelegenheiten. Keine einzige relig. Position darf ohne seine Zustimmung vergeben werden. Seine Entscheidungen sind für alle Mitglieder verbindlich".

Rebbe Yoelisch wurde innerhalb seiner Gruppe sogar als unfehlbar eingestuft. Fanatische Militante innerhalb Satmars gibt es nur wenige und der Rebbe kritisierte oft scharf deren wilde Exzesse. Gelegentlich sogar mit kleinen Sanktionen. Trotzdem der Rebbe die unumstrittene Führungsperson war, verlor er dennoch manchmal die Kontrolle über die Militanten. Von sich selbst behauptet Satmar, das authentische Judentum zu repräsentieren. Allerdings bin ich mir nicht so sicher, ob das authentische Judentum etwas mit interner Kontrolle zu tun hat. So gibt es bei Satmar zum Beispiel die berühmten "Watchdogs" welche ihre Bespitzelungen nachgehen. Erwischen sie jemanden bei Vergehen, drohen sie demjenigen zuerst, alles dem Rebben zu sagen. Wenn sich der Ertappte nicht bessert, folgen weitere Bedrohungen was bis hin zur Rufmordkampagne gehen kann.

Ein Satmarer Chassid besucht seinen Rebben regelmäßig. Derzeit haben die Satmarer 150.000 Mitglieder und da ist es nicht so einfach, sich in eine Warteschlange zu stellen. Also kommt man auf die Warteliste. Die Chassidim jedoch gehen bei allen Privatangelegenheiten den Rebben aufsuchen, um ihn um Rat zu fragen: "Soll ich die neue Wohnung nehmen oder nicht ?" – zum Beispiel.

Die Chassidut Satmar legt hohen Wert auf das Familienleben. Sexuelle Befriedigung wird als Ausgleich zu sündhaften Gedanken angesehen. Außerdem spielen mystische Gründe eine Rolle für ausgewogenen Sex. In eine gute Familie hineinzuheiraten ist das höchste Ziel der jungen Leute. Alles dreht sich um den Status und der soll erhalten oder besser, ausgebaut werden. Wer hätte das gedacht ? Der Ehegatte ist verpflichtet, im Haushalt mitzuhelfen und beide Ehepartner sind für den Lebensunterhalt verantwortlich. Kinder haben ihren Eltern Respekt zu verleihen. Und die Verwandten sind ebenso zur tatkräftigen Hilfe bei Familienproblemen aufgerufen. Das ideale Hochzeitsalter liegt bei 18 Jahren. Wenn es zu einem Schidduch (eventuelle zukünftige Ehepartner werden miteinander bekannt gemacht) kommt, dann treffen sich beide Kandidaten im Hause des der jungen Frau. Beiden Kandidaten ist es erlaubt, in Anwesenheit der Elternteile miteinander zu reden. Im Falle einer Zusage, organisieren die Eltern der Braut die Verlobungsparty, zu welcher nur Verwandte, enge Freunde sowie mehrere prominente Satmarer eingeladen werden. Der zukünftige Bräutigam halt eine Thorarede, die traditionell mit dem Singen von Lieder unterbrochen wird.

In chassidischen Kreisen ist es üblich, schon bei der Verlobung ein offizielles Dokument zu unterschreiben, welches beide Seiten verpflichtet. Auch in der Chassidut Satmar ist dies der Fall. Nach der Unterschrift unter das Dokument wird ein Teller zerbrochen und es werden Erfrischungen gereicht. Hierbei befinden sich Männer und Frauen in separaten Räumen. Bei Satmar und anderen strengen chassidischen Gruppen ist es keine Seltenheit, dass Männer und Frauen in getrennten Zimmern sitzen. Dies gilt immer dann, sobald Gäste anwesend sind. Innerhalb der Familienmitglieder besteht diese Regelung normalerweise nicht. Laut Israel Rubin wird die Verlobungsparty immer weniger praktiziert und stattdessen schütteln sich die Väter des Paares zum Zeichen des Abkommens die Hände. Nach einigen Monaten findet dann die Hochzeit statt. Da im Judentum die Familienreinheitsgesetze (Taharat HaMischpacha) eine wichtige Rolle einnehmen, darf die Braut zum Zeitpunkt der Hochzeit nicht ihre Menstruation haben. Normalerweise wird bei jeder Hochzeit ausgerechnet, wann die Braut nicht im Niddah – Zustand (Menstruation) ist. Bei Satmar finden die Hochzeiten frühestens 12 Tage nach Beginn der Menstruation der Frau statt. Dann nämlich befindet sie sich wieder in einem Zustand der Reinheit (nach der Mikweh – dem Ritualbad).

Wie bei anderen chassidischen Gruppen auch, findet die Satmarer Hochzeit in zwei getrennten Sälen statt; Männer und Frauen getrennt. Der Bräutigam trägt einen langen Kaftan und zum ersten Mal seinen Streimel (die traditionelle Pelzmütze). In anderen chassidischen Gruppen trägt der Bräutigam manchmal die gesamte Woche vor der Hochzeit seinen neuen Streimel. Wenn es unter die Chuppah, den Hochzeitsbaldachin geht, zieht sich der Bräutigam einen weissen Kittel über. Weiß ist immer die Farbe der "Reinheit".


Der traditionelle Streimel

Des Weiteren gibt es auf jeder chassidischen Hochzeit einen Mitzwe – Tanz des Rebben mit der Braut. Der Braut werden dabei die Augen verbunden bzw. ihr Gesicht wird aus Anstandgründen verdeckt, da sie sich auf der Männerseite des Hochzeitssaales befindet. Nicht die Frau ist der Grund, sondern den Männern soll aus Anstandsgründen der Blick versperrt werden, damit sie auf keine dummen Gedanken kommen. Nach dem Mitzwe – Tanz des jeweiligen Rebben, der um die Braut herumtanzt, ist die Hochzeit vorbei. In der Vergangenheit war der frischgebackene Ehemann gezwungen, sich gleich nach der Hochzeit um einen Job zu bemühen. Doch dann änderte Rebbe Yoel die internen Gesetze und demnach muß der neue Gatte erst einmal 1 – 2 zwei Jahre im Kollel Thora lernen.

Auch in der Kindererziehung geht es bei den Satmarer Chassidim etwas anders zu. Kinder, selbst die verheirateten, sind zum Respekt den Eltern gegenüber verpflichtet. Jungen und Mädchen werden schon früh auf ihre spätere Rollen vorbereitet. Hierbei sollen die Mädels selbstverständlich im Haushalt helfen und das Stricken oder Nähen erlernen. Jungen hingegen sollen Thora lernen. So ist zumindest der Idealzustand.

Die Satmarer Chassidim verweigern jegliche Autopsien, da sie in ihnen einen Verstoß sehen. Wenn der Meschiach kommt, gibt es eine Wiederauferstehung der Toten und wie schaut das aus, wenn da alles aufgeschnittene Leute herumlaufen. Zu dem Thema gibt es unterschiedliche Ansichten und selbst im Talmud heißt es, dass ehemalige kranke Menschen zu der Zeit geheilt werden. Aber das Verfahren ist Satmarer Politik und als Außenstehender kann man da gar nichts ändern. Was bei Satmar noch anders ist, ist, das eine Leiche nicht nur rituell gewaschen, sondern ebenso in die Mikweh (Ritualbad) eingetaucht wird.

Die Satmarer sind bekannt für ihren unermüdlichen Kampf gegen die Mädchenschule Beit Yaakov, auf welche meistens die Mädchen der Agudat Israel (z.B. litvische Haredim) gehen. Außerdem erscheint ihnen das Beit Yaakov viel zu modern und der Chatam Sofer, dem die Satmarer folgen, verbot alle neuen Innovationen. Stattdessen gehen die Satmarer Mädels auf die eigene "Beit Rachel – Schule". Heutzutage werden die Mädchen jedoch auch in säkuleren Fächern wie das Bankwesen, die Börse sowie in Informatik unterrichtet. Bei Satmar ist man ausgesprochen stolz auf das eigens gegründete Schulwesen, wodurch unzählige neue Jobs entstanden sind.

Das Hauptzentrum der Chassidut Satmar befindet sich in New York. Ungefähr 50km außerhalb New Yorks erbaute Rebbe Yoel Teitelbaum sein "Kiryat Yoel". Kiryat Yoel wurde im Jahre 1976 nahe Monroe in Orange County erbaut. Es handelt sich um ein eigenes Satmar - Dorf auf 340 Hektar Land. Im Jahre 1990 gab es dort 8000 Bewohner.


Kiryat Yoel

Nach dem Tode von Rebbe Yoelisch (Aug. 1979) übernahm sein Neffe, Rebbe Moshe Teitelbaum den Job als Satmarer Rebbe, welchen er bis zu seinem Tode, im April 2006 innehielt. Rebbe Moshe Teitelbaum war ein Auschwitz – Überlebender, dessen erste Frau Leah in Auschwitz umkam. In späteren Jahre heiratete er ein zweites Mal und nach seinem Tode (im April 2006) hinterließ er drei Söhne und vier Töchter. Sein ältester Sohn, Rebbe Aharon Teitelbaum (geboren im Jahre 1948), ist mit der Tochter des Vishnitzer Rebben aus Bnei Brak (nahe Tel Aviv), Rebbe Moshe Yehoshua Hager, verheiratet.


Einer der derzeitigen Satmarer Rebben, Rabbi Aharon Teitelbaum

Seit dem Tode von Rebbe Moshe streiten zwei seiner Söhne um die Rebbe – Nachfolge. Militant und es wurde sogar vor ein nichtjüdisches Gericht gezogen. Derzeit ist es so, dass Rebbe Aharon Teitelbaum seinen Sitz in Kiryat Yoel aufschlug und sein Bruder, Rebbe Zalman Leib Teitelbaum, den Williamsburgher Teil von Satmar übernahm.


Der zweite Satmarer Rebbe, Rabbi Zalman Leib Teitelbaum

In Israel befindet sich das Zentrum von Rebbe Zalman Leib in Mea Shearim, in der Yoel Street. Die Zentren des Rebben Aharon Teitelbaum liegen in Bnei Brak sowie im Jerusalemer Stadtteil Ge'ulah, in der Yonah Street. Somit gibt es in Satmar zwei Rebben mit ihren jeweiligen Anhängern. Leider ist die Gruppe in zwei Teile gespalten, die sich selbständig verwalten.

Tausend weitere Dinge gibt es noch über Satmar zu berichten, aber ich habe mich vorerst auf diesen Artikel beschränkt, um einmal einen kleinen Einblick zu geben. Nicht alle Fakten sind vom Autor Israel Rubin, sondern ich habe nach eigenem Wissen einiges hinzugefügt.

Dienstag, 27. Mai 2008

Brit bei Belz

B"H

Chassidut Belz feiert heute abend eine riesige Brit Milah (Beschneidungszeremonie).

Ort: Die grosse Beit Midrash in Jerusalem

Lag Ba'Omer Photos aus Mea Shearim

B"H

Lag Ba'Omer Photos aus Mea Shearim:

http://hamantaschen.blogspot.com/2008/05/lag-baomer-photos-aus-mea-shearim.html

Sonntag, 25. Mai 2008

Neues von der Chassidut Gur

B"H

In der Woche nach Schavuot (Wochenfest) steht bei der Chassidut Gur eine riesige Hochzeit an. Der Enkel des Rebben Yaakov Aryeh Alter wird unter die Chuppah (Hochzeitsbaldachin) treten.

Bei Gur ist es üblich, selbst die Familie des Rebben innerhalb der eigenen Gruppe zu verheiraten und es ist keinesfalls wie bei anderen chassidischen Gruppen, wo die Kinder bzw. Enkel mit Partnern aus anderweitigen chassidischen Gruppen verheiratet werden.


Der derzeitige Gerer Rebbe, Rabbi Yaakov Aryeh Alter

Des Weiteren gibt es bei der Chassidut Gur die Tradition, am Lag Ba'Omer nicht nach Meron zu fahren. Stattdessen wurde gross in Bnei Brak gefeiert; incl. einer Se'udah (Festtagsschmaus).

Ich habe vor, noch mehr über die anstehenden Hochzeit herauszufinden und wenn ich es schaffe, werde ich sogar hingehen.

Se'udat Shlishit

B"H

Seltsamerweise nimmt auch das Essen in der Chassidut einen breiten Raum ein. Aber was heißt da "seltsamerweise", denn immerhin hat ist die Chassidut sehr mit der Kabbalah verknüpft und gerade dort spielt das Essen eine immense Rolle. Anhand des Essens unternimmt jeder Jude diverse "Tikunim - Seelenreparaturen". Wie das ?

Der Arizal, Rabbi Yitzchak Luria, beschreibt in seinem Buch "Shaar HaGilgulim", wie es geschehen kann, dass Seelen in Tieren reinkarniert werden können. Anhand der Segen, welche wir vor und nach dem Essen sagen, sind wir in der Lage, diese Seelen aus ihrer Lage zu befreien und ihnen so zu einem höheren Level (ihres Tikun - Reparatur) zu verhelfen.

Aber um solche hoch kabbalistische Theorien geht es in diesem Artikel eigentlich nicht. Vielmehr ist mein Thema das "Se'udat Shlishit - Die traditionelle dritte Mahlzeit am Schabbat".

Die erste Mahlzeit nehmen wir nach dem Kiddusch (Segnung des Weines) am Erev Schabbat (Freitag abend) zu uns. Die zweite folgt nach dem Synagogengang am Schabbat (Mittagessen am Samstag) und die dritte Mahlzeit erfolgt kurz vor Schabbatausklang. Oder in präziseren Worten ausgedrückt: Das Se'udat Shlishit wird zwischen Mincha (Nachmittagsgebet) und dem Maariv (Abendgebet) gegessen.

Viele chassidische Rebben und auch die Rebbitzens nehmen die dritte Schabbatmahlzeit (Se'udat Shlishit) zusammen mit ihren Anhängern ein. Zum Beispiel veranstaltet die chassidische Gruppe Dushinsky in Jerusalem solch ein gemeinsames Essen. Ob dazu Frauen zugelassen sind, habe ich noch nicht getestet. Dafür erzählte mir jemand, dass die Rebbitzen des Toldot Aharon Rebben ein Se'udat Shlishit für die Toldot Aharon - Frauen gibt. Gerne würde ich einmal daran teilnehmen, habe mich jedoch noch nicht eingehend erkundigt. Was ich zu meiner Schande eingestehen muß.

Natürlich spielen bei dem Essen mit dem Rebben auch wieder die "Schirayim" eine überwiegende Rolle. Der Rebbe sagt den Segen über das Brot und verteilt dann kleine Stückchen an seine Chassidim. Und genau hier kommen wir wieder zum großen Kabbalisten Rabbi Yitzchak Luria und seiner Theorie in der Lurianischen Kabbalah zurück, dass ausgerechnet der Rebbe als Zaddik (Gerechter) die Kraft besitzt, solche reinkarnierten Seelen zu befreien bzw. die bei der Erschaffung der Welt herabgefallenen Netzizot (Funken) anhand seines Segens an ihren Ursprung zurückzuführen.

Begleitet wird das Se'udat Shlishit von verschiedenen Niggunim (Melodien und Liedern). Die Musik spielt in der Chassidut eine ebenso wichtige Rolle, denn durch sie erreicht man eine direkte Verbindung zu G - tt. Und auch aus diesem Grund singen viele Religiöse ihre Tehillim (Psalmen) oder Gebete. Des Weiteren ist bei in vielen chassidischen Gruppen üblich, dass die Chassidim den Psalm 23 vortragen und der Rebbe antwortet mit Psalm 21.

Ebenso besteht im Judentum das Konzept, dass ein Jude am Schabbat eine zusätzliche Seele bekommt und diese am Mozzaei Schabbat (Schabbatausklang) den Körper wieder verläßt. Durch das Verlassen geht uns eine gehörige Portion spirituelle Kraft verloren und wir müssen bis zum nächsten Schabbat warten, dass wir sie zurückerhalten.

Die Mischna (mündl. Gesetzesüberlieferung G - ttes an Moshe auf dem Berg Sinai) sowie die anschließende Gemara (rabbinische Diskussionen) lehren uns im Talmud Traktat Schabbat 117b, dass wir am Schabbat mindestens drei Mahlzeien zu uns nehmen müssen (siehe oben). In Schabbat 118a heißt es, dass jeder, der die Mitzwah, drei Mahlzeiten am Schabbat zu essen erfüllt, wird von drei Katastrophen verschont:

1. Von den Repressalien, welche dem Kommen des Meschiach vorausgehen.

2. Vom Gericht im Gehinnom (vom strengen Gericht der Seele).

3. Vom Krieg zwischen Gog und Magog (Yechezkiel 38 - 39).


In Jerusalem hat das Se'udat Shlishit immer eine ganz besondere Bedeutung für mich. Meistens gehe ich zu Rabbi Mordechai Machlis, wo wir mit mindestens zwanzig weiteren Teilnehmern samt seiner Family zusammensitzen. Serviert werden die Reste des Mittagessen, aber genauso frisch zubereitete Leckereien. Außerdem hält der Rabbi eine Rede und es werden ebenso Lieder gesungen. Im Anschluß findet das Maariv (Abendgebet) statt und danach die Havdalah (Trennungszeremonie des Schabbats von der neu beginnenden Woche).

Auf dem Heimweg herrscht eine komische Stimmung. Da ist man noch in der Schabbatkleidung und innerlich im Schabbat versunken; andererseits kehrt jedoch schon wieder der Alltag ein und die Geschäfte öffenen und der Busverkehr beginnt.

Mittwoch, 21. Mai 2008

Macht tatsächlich jeder mit ?

B"H

Da scheint aber jemand ernsthaft daran interessiert sein, dass der Bann auf den "Schefa - Markt" eingehalten wird. Neue Fakshivilim (Mitteilungsposter) wurden in Mea Shearim aufgehängt. Gewöhnlich tragen die Poster die Namen der Herausgeber, z.B., der anti - zionistischen Dachorganisation "Edah HaCharedit" oder der "Neturei Karta". Manchmal sogar läßt ein gewisses "Kommittee zur Reinheit" Mitteilungen aushängen. Doch die letzten Poster über den "Schefa - Markt" Bann sind mit keiner Quelle versehen.

"Auch ich habe mich entschlossen, nicht mehr bei "Schefa" zu kaufen und nicht mit einem EGGED - Bus nach Meron (1) zu fahren".

So der Inhalt des letzten Posters. Jedoch ohne jegliche Unterschrift.

Der Bann über den "Schefa - Markt" ist bestens bekannt, doch dass nun ebenso ein Bann auf den EGGED - Bussen liegt, ist mir neu. Die Herausgeber des Posters behaupten, dass die Besitzer des "Schefa - Marktes" - die Dor - Alon - Gruppe, sowohl als auch das israelische Busunternehmen EGGED den Schabbat brechen und deshalb Bestrafung verdienen.

Und welche Haredim (Ultra - Orthod.) will das Poster erreichen ?
Die chassidischen Gruppen Gur oder Belz ? Litvische Haredim ?
Definitiv nicht die Mitglieder der anti - zionistischen Dachorganisation "Edah HaCharedit", denn diese kaufen eh weder im "Schefa" ein noch benutzen sie EGGED - Busse. Gruppen wie Satmar, Toldot Aharon oder Dushinsky, zum Beispiel.

An wen sind die Poster also adressiert ? Und hält sich wirklich jeder an den Bann ?

Nur allzu gerne würde mich die haredische Meinung interessieren. Andererseits, was geschieht, falls sich jemand von ihnen entschliesst, sich nicht an dem Bann zu beteiligen und ihn ein anderes Gruppenmitglied in den "Schefa Markt" gehen sieht ?
Dies sind immer die Momente, in denen ich froh bin, kein Mitglied irgendeiner chassidischen Gruppe zu sein.

(1) Meron:
In dieser Woche reisen Abertausende religiöser Juden zum Lag Ba'Omer in den nordisraelischen Ort Meron. Der Beginn des Lag Ba'Omer ist diesen Donnerstag abend. Der Tag symbolisiert das Ende der Seuche, welche 24.000 Schüler des Rabbi Akiva dahinraffte. Genauso ist Lag Ba'Omer die Yahrzeit (Todestag) des großen Rabbi Schimon Bar Yochai. Und Rabbi Schimon ist in Meron beerdigt. Gerade unter Chassidim ist es Brauch, am Lag Ba'Omer nach Meron zu fahren.

Sonntag, 18. Mai 2008

Rigorose Frömmigkeit



B"H

Was mich jedesmal immer wieder aufs Neue beeindruckt, ist die rigorose Frömmigkeit der Toldot Aharon Frauen.

Einmal ganz realistisch und feministisch gesprochen: Da werden die weiblichen Gruppenmitglieder absolut streng erzogen, heiraten mit ca. 18 Jahren, nur um danach ein Familienleben zu führen. Wie andere chassidische Gruppen auch, sind die Toldot Aharon patriarchalisch geordnet. Nicht, dass der Mann immer das Sagen haben muß; dennoch, öffentlich hat die Frau hinter dem Mann herzugehen (siehe die internen Gesetze "Takanot" der Toldot Aharon) und auch anderweitig hat die Frau im öffentlichen Leben der Gruppe nichts zu suchen. Sie ist Hausfrau, Mutter und arbeitet, wenn erforderlich. Leitende Positionen innerhalb der chassidischen Gruppe sind für sie nicht vorhanden, es sei denn, es handelt sich um die Rebbitzen.

So mancher von uns mag sich sagen, dass das ja ein total eingeschränktes Leben sei. Unter der Männerknute, ohne Chance auf einen kleinen Hauch von Selbstverwirklichung. Wo bleibt denn da die Würde der Frau und so ?

Diese Argumente mögen schon angebracht erscheinen, trotzdem fällt es mir immer wieder auf. Zwar kann man den Frauen alles erzählen und sie zeigen sich interessiert. Am Ende des Gespräches jedoch kommt immer wieder der gleiche Satz: "Man muß halt mehr beten und auf G - tt vertrauen".
Und genau dann frage ich mich, wofür ich mir eigentlich die ganze Zeit den Mund fusselig geredet habe. Erst jaja, und dann kommt die lapidare Antwort vom beten und so. Das ist doch zum aus der Haut fahren.

Im ersten Moment sicherlich. Aber zwei Sekunden später überdenke ich die Aussage schon und komme zu dem Schluß, dass ich die uneingeschränkte Frömmigkeit der Toldot Aharon Frauen ungemein bewundere. Wie können sie nur solch ein G - ttvertrauen haben ? Wo sich so mancher von uns im Gebet geradezu abrackert, kommen gerade diese Frauen mit einer Leichtigkeit daher, die unbeschreiblich ist.
"Ja, klar, beten wir jetzt dies uns das. Keine Frage. Lust oder nicht ? Sowas gibt's bei uns nicht". Und gesagt - getan.

Da meinen wir Außenstehenden immer so toll und frei dran zu sein im Leben. Kein Gruppenzwang, jedenfalls nicht nach Takanot, und alles läuft irgendwie cool und easy. Oft läßt uns diese Art der Selbstsicherheit sogar auf eben jene chassidischen Frauen herabschauen. Und dann kommen wir dorthin, reden mit ihnen und merken, dass unsere so sicher geglaubte innere Sicherheit und Freiheit vor der uneingeschränkten bis hin zu Selbstaufgabe bereiten Frömmigkeit der Toldot Aharon Frauen wie eine Seifenblase zerplatzt.

Ich wünschte, ich könnte so standfest sein, wie diese Frauen.

Dienstag, 13. Mai 2008

Question & Answer With Miriam Woelke

B"H

Guest Post bei Simple Jew

http://asimplejew.blogspot.com/2008/05/question-answer-with-miriam-woelke.html

All jene, die des Englischen mächtig sind, sind eingeladen, mein Guest Post bei dem Breslover Chassid und Blogger "Simple Jew" zu lesen.

Sonntag, 11. Mai 2008

Sehnsucht nach der Vergangenheit

B"H

Einen Artikel der seltenen Art gab es am letzten Donnerstag in der haredischen (ultra - orthod.) Wochenzeitung "HaShavua Be'Yerushalaim - Diese Woche in Jerusalem" zu lesen. Obwohl die Zeitung die litvischen Juden vertritt, kommen zwar die Chassidim auch nicht zu kurz, aber vom Antizionismus war soweit eher selten die Rede.

Und in der letzten Ausgabe dann gab es gleich ein dreiseitiges Interview zu lesen. Wohl eher ein Gespräch zweier so wichtiger Leute in der antizionistischen Welt. Da ist zum einen einer der Leiter der Neturei Karta im ultra - orthod. Mea Shearim, Yoelisch Kräus (35) und zum anderen der ehemalige Schüler des großen und in den 70iger Jahren verstorbenen Rabbi Amram Blau (Bloi), Yehudah Meschi Zahav (48).

Yehudah Meschi Zahav gehört nicht gerade zur Neturei Karta, sondern war einmal in der antizionistischen Dachorganisation "Edah HaCharedit" vertreten. Heute ist er vor allem durch seine Hilfsorganisation "Zakah" bekannt.

Kräus und Zahav stiessen aufeinander und gaben erstaunliche Meinungen von sich. Da nennt Yoelisch Kräus von der Neturei Karta den iranischen Präsidenten nicht unbedingt einen Antisemiten, sondern sieht in ihm lediglich einen Israel - Hasser. Und ? Die Neturei Karta sei doch auch gegen Israel, oder was ? Und sollte nicht überhaupt die UNO die Verwaltung Israel übernehmen und bestimmen, wer hier regiert oder nicht ?

Yoelisch Kräus hat Israel niemals verlassen und verfügt bis heute über keinen israel. Personalausweis (Te'udat Zehut). Darauf ist er stolz, denn mit den Zionisten will er absolut nichts zu tun haben.

Aber warum erfreut sich gerade die Neturei Karta dem intensiven Interesse der Öffentlichkeit ? Was zieht die Leute zu ihr ? Oder soll nur über die paar Spinner gelästert werden ?
Yoelisch Kräus spricht einen interessanten sowie richtigen Punkt an. Stecke in jedem Haredi (Ulra - Orthox.) nicht irgendwo eine kleiner Neturei Karta Anhänger ? Man mag es nicht gerne zugeben und teilweise jeden Gedanken verdrängen, doch irgendwie fühlt man sich zu den Ideen hingezogen. Ist da nicht doch vielleicht irgendetwas dran ? Talmud Ketubot 111 ff. und so ?

Es ist richtig, dass immer mehr Juden nicht unbedingt den großen Sinn in unserem eigenen Staat Israel sehen. Für was steht der Staat heute ? Für den Säkularismus und eine korrupte kriminelle Regierung.
Ist es das, was uns ein eigener Staat bieten sollte ?
Wo bleiben G - tt und die Religion ?
Beiseite geschoben, denn politische Macht und egozentrisches Politikergehabe haben Vorrang. Jeder will doch gerne nur so wichtig sein; selbst auf die Rabbiner kann man heute nicht mehr zählen, denn viele kochen ihr eigenes eigennütziges Süppchen.

Yehudah Meschi Zahav und Yoelisch Kräus weinen den alten Zeiten nach. Wie war das gleich noch zu Zeiten Rabbi Amram Blaus als es wilde chaotische Demos gegen den Zionistenstaat gab ? Wo sind nur die tollen Zeiten hin ? Heutzutage lehnt die Edah HaCharedit Demos weitgehend ab, doch die Neturei Karta wartet nach wie vor mit Aktivitäten auf. Daher sieht sich Kräus als Handlungspartner der Edah. Schließlich sei es die Neturei Karta, die hier den aktiven Kampf bewältige.

Und die heutigen Demonstrationen ?
Mir selber fiel es schon lange auf, dass nicht mehr allzu viel geboten ist. Die Edah oder die Neturei Karta hängen die Fakschivilim (Mitteilungesposter an den Hauswänden Mea Shearims) auf und wer kommt ? Ein paar Hundert Teilnehmer gelten schon als Erfolg. Wo sind die einstigen Massen und die Euphorie ? Verlorengegangen und daher ist es wichtig, die Jugend wieder richtig zu erziehen.

Dann bis auf die nächsten 60 Jahre des Zionistenstaates.

Mittwoch, 7. Mai 2008

Knabbern ohne Flagge

B"H

Pünktlich zum 60igsten Unabhängigkeitstag betreiben israelische Hersteller nationalistische Werbung. Sogar auf Kartoffelchips - Tüten sind Flaggen aufgedruckt. "Kachol - Lavan = Blau - Weiß", so lautet der Slogan. "Blau - Weiß" symbolisiert die israelische Flagge und ein Nationalbewußtsein, welches in uns aller Bedrohungen zum Trotz ein permanentes "Davka - Gefühl" auslösen soll. Wir lassen uns nicht vom Terror oder dem Antisemitismus unterkriegen und kaufen absichtlich israelische Produkte. Und jetzt ist zur Feier des Tages auch noch die Nationalflagge mit aufgedruckt.

Allerdings ganz zum Ärger der anti - zionistischen Dachorganisation "Edah HaCharedit". Die Edah und ihre Mitglieder Toldot Aharon, Dushinsky, Avraham Yitzchak, Spinka, Brisk oder Satmar gehen vehement gegen den zionistischen Nationalismus vor. Jetzt untersagten sie ihrer Anhängerschaft sogar den Verzehr von Osem - Produkten, welche mit einer israel. Nationalflagge auf der Verpackung versehen sind. Hierzu gehören auch die berühmten "Bamba - Tüten".

Was sollen die armen Kinder jetzt nur bloss Bamba machen ?
Klar, gibt es einen eigenen haredischen Ersatz, aber Bamba ist nun einmal Bamba und kann nicht ersetzt werden, denn nichts klebt so angenehm am Gaumen, wie die Bambamasse.

Bleibt nur zu hoffen, dass die Flaggen bald wieder vom Bamba - Baby herunterkommen und Ruhe einkehrt. Aber dann wartet die Edah HaCharedit sicher schon mit einem neuen Bann auf.

Verbannung des "zionistischen" Bamba - Babies